
Haben Sie manchmal das Gefühl, dass sich Dinge und Situationen in Ihrem Leben wiederholen und Sie sich schon einmal gefragt haben „Wieso passiert mir das eigentlich immer wieder?“ Vermutlich, weil Sie Ihrem eigenen Schema folgen, welches Sie, teils über lange Zeit, verinnerlicht haben. Sind das Schema und die damit verbundenen Denk- und Verhaltensweisen aber ungesund, kann das früher oder später beeinträchtigend sein.
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Schematherapie setzt sich aus Methoden verschiedener Therapierichtungen zusammen und vereint die Ebenen Denken, Fühlen und Handeln
- Der Fokus liegt auf erlernten und verinnerlichten (negativen) Glaubens- und Handlungsketten und deren Auflösung
- Die Schematherapie eignet sich als Therapieform für viele Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen, Borderline etc.)
- Während der Schematherapie werden die ungesunden Verhaltensmuster erkannt und durchbrochen
Was ist Schematherapie?
Die Schematherapie ist eine Behandlungsform in der Psychotherapie, die sich aus Elementen der kognitiven Therapie, der Verhaltenstherapie sowie auch der Bindungstheorie zusammensetzt. Dabei wird der Fokus auf erlernte und erfahrene Verhaltensmuster sowie deren emotionale Prozesse und Konsequenzen gesetzt. Hierbei wird die Schematherapie vor allem durch ihre lebendigen Techniken, wie beispielsweise Imaginationen und Stühlearbeit, gefördert und bereichert.
Das der Therapieform jeweils zugrunde liegende Schema beschreibt ein Muster aus Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen, welches sich bei dem Patienten aufgrund seiner Erlebnisse und Erfahrungen gebildet hat und sich im Verhalten widerspiegelt.
Ein Beispiel für ein negatives Schema (vereinfachte Darstellung):

Worum geht es in der Schematherapie?
Konkret geht es in der Schematherapie darum, die verschiedenen Schemata, die sich der Mensch im Laufe seines Lebens aufgrund unterschiedlichster Erfahrungen angeeignet hat, herauszufinden. Negative Kreisläufe sollen dann gezielt angegangen, unterbrochen und verändert werden, sodass der Patient einen besseren Umgang mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen erlernen kann und im Alltag sowie in zwischenmenschlichen Beziehungen gestärkt wird.
Anwendungsbereiche der Schematherapie
Grundlegend wird die Schematherapie zur Behandlung von verschiedenen Persönlichkeitsstörungen, wie Borderline oder narzisstischen Störungen eingesetzt und in Fällen, in denen eine rein kognitive Verhaltenstherapie nicht zum Erfolg führen würde. Generell eignet sich die Schematherapie aber auch für viele weitere Behandlungsspektren wie beispielsweise Depressionen, Angststörungen oder auch Essstörungen, da ungesunde Schemata auch bei diesen Erkrankungen häufig vorliegen.
Zudem kann der jeweilige Psychotherapeut auch einzelne Elemente der Schematherapie in andere Behandlungsmethoden einfließen lassen.
Ablauf einer Schematherapie
Zunächst beginnt eine Schematherapie nicht anders, als die meisten anderen Therapieverfahren auch. Der Therapeut erfragt in einem ausführlichen Erstgespräch die aktuellen Probleme und Belastungen des Patienten und erlangt über weitere detaillierte Fragen Hinweise darauf, wo die Ursachen liegen können. So werden bereits erste Schemata gemeinsam identifiziert. Gleichzeitig erhält der Patient viele Informationen rund um die Therapie.
Im Laufe der Behandlung geht es neben der Erkennung weiterer Schemata und deren Verbindung untereinander vor allem darum, solche Kreisläufe zu durchbrechen. Ungünstige Verhaltensmuster sollen aufgegeben werden und der Betroffene lernt, wie er seine Grundbedürfnisse auf eine bessere Art und Weise im Alltag befriedigen kann.
Durch das hohe Maß an Psychoedukation während der Therapie lernt der Betroffene sich selbst sehr genau kennen und versteht, wie Schemata im Laufe des Lebens entstehen. So wird der Schematherapie auch eine hohe präventive Wirkung zugeschrieben. Durch die Aktivierung des Bewusstseins auf die Entstehung von Lebensfallen können diese in Zukunft besser vermieden oder selbstständig aufgelöst werden.
Schematherapie in Kaiserslautern und online
Die Schemata nach Jeffrey Young
Der US-amerikanische Psychologe Jeffrey Young, welcher das Verfahren der Schematherapie entwickelte, definierte insgesamt 18 unterschiedliche maladaptive Schemata, unterteilt in 5 Gruppen, die entstehen, wenn die emotionalen Grundbedürfnisse in der Kindheit und im späteren Leben nicht befriedigt werden. Diese Grundbedürfnisse umfassen:
- Das Bedürfnis nach sicherer und konstanter Bindung
- Das Bedürfnis nach Autonomie und eigener Identität
- Das Bedürfnis nach Selbstkontrolle
- Das Bedürfnis nach der Freiheit, die eigenen Bedürfnisse ausdrücken zu können
- Das Bedürfnis nach Spontanität und Freude
Die eigenen Schemata bilden sich meist also schon sehr früh im Leben, oft so früh, dass wir selbst keinen Einfluss darauf haben und es massiv durch unsere Eltern und sonstige Bezugspersonen geprägt wird. Im Laufe des Lebens entwickelt sich dann ein andauerndes Muster aus Erfahrungen, Empfindungen, Gedanken und Gefühlen, die durch das tatsächliche Erleben gestärkt werden können.
Diese Muster lassen sich dann einem oder mehreren der 18 Schemata aus 5 Domänen zuordnen:
Abgetrenntheit / Ablehnung
Verlassenheit / Instabilität → geprägt von der ständigen Angst, Bezugspersonen zu verlieren
Misstrauen / Missbrauch → geprägt von extremer Wachsamkeit und der Befürchtung, verletzt zu werden oder Gewalt zu erfahren
Emotionale Entbehrung → geprägt von einem Gefühl der Ablehnung und dem Nichterfahren von Unterstützung und Zuwendung
Unzulänglichkeit / Scham → geprägt von dem Gefühl der Minderwertigkeit und Unfähigkeit begleitet von sozialen Ängsten
Soziale Isolierung → geprägt von einem Gefühl der Unzugehörigkeit und der Unfähigkeit, Verbindungen mit anderen Menschen einzugehen
Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung
Abhängigkeit / Inkompetenz → geprägt von dem Gefühl, stets auf die Unterstützung anderer angewiesen zu sein
Verletzbarkeit / Anfälligkeit für Schädigung oder Krankheit → geprägt von einer großen Angst vor unabwendbaren Katastrophen
Verstrickung / Unentwickeltes Selbst → geprägt von einer starken Abhängigkeit gegenüber Bezugspersonen, die sich auf die eigene Selbstständigkeit auswirkt
Versagen → geprägt von der Überzeugung des eigenen Versagens
Beeinträchtigung beim Umgang mit Begrenzungen
Anspruchshaltung / Grandiosität → geprägt von der Überzeugung der eigenen Überlegenheit
Unzureichende Selbstkontrolle / Selbstdisziplin → geprägt von geringer Frustrationstoleranz
Fremdbezogenheit / Angepasstheit
Unterwerfung → geprägt von der Neigung, Kontrolle abzugeben und sich dem Willen anderer Personen zu ergeben
Selbstaufopferung →geprägt von dem Gefühl, stets die Bedürfnisse anderer zu erfüllen und über die eigenen zu stellen
Streben nach Zustimmung und Anerkennung → geprägt von der starken Abhängigkeit des Selbstwerts von der Meinung anderer
Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit
Negativität / Pessimismus → geprägt von der Konzentration auf das Negative
Emotionale Gehemmtheit → geprägt von Schamgefühlen und der Sorge, negativ aufzufallen
Überhöhte Standards → geprägt vom Wunsch nach Kritikvermeidung und entsprechenden Bemühungen dies zu erreichen
Bestrafen → geprägt vom Gefühl, für Fehler eine Strafe zu verdienen
Bewältigungsstile
Tritt aufgrund einer auslösenden Situation eines oder mehrere der verschiedenen Schemata auf, kommt es häufig zu intensiven Gefühlen, die oftmals weit über die eigentliche Ausgangssituation hinausgehen. Um mit diesen Gefühlen umgehen zu können, entwickeln Betroffene verschiedene ausgeklügelte Bewältigungsstrategien:
Sich-Fügen / Unterordnen
Der Betroffene hält die Situation aus und ordnet sich seinem Schema unter, ohne aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Oft merken die Personen, dass ihre Verhaltensweisen ihnen selbst nicht guttun, sind alleine aber nicht in der Lage, sie zu verändern.
Überkompensation
In der Überkompensation versucht der Betroffene, unbewusst gegen das innere Schema anzukämpfen. Die realen Gefühle werden dabei häufig verdrängt und es wird nahezu präventiv versucht, das Schema gar nicht erst eintreten zu lassen (Beispiel: übertriebener Perfektionismus mit dem Ziel, Fehler um jeden Preis zu vermeiden)
Vermeiden
Der Betroffene versucht alles Mögliche, damit das Schema und die damit verbundenen Empfindungen nicht aufkommen. Dafür ist häufig keine Mühe zu groß.
Fazit
In der Schematherapie werden verschiedene Therapiemethoden aus einzelnen Bereichen miteinander kombiniert und der Patient auf verschiedenen Ebenen angesprochen. Über das Denken (kognitive Technik), das Handeln (verhaltensbezogene Technik) und das Fühlen (emotionsbezogene Technik) lernt der Betroffene seine Schemata kennen und verstehen. Nach und nach kann so erlernt werden, wie künftige herausfordernde Situationen gemeistert werden können, ohne dass starke Gefühle aus der Vergangenheit mitsteuern.


